Interrail 2017

Auf dem Weg nach Hamburg – Mit Fähre und Unmut

Am 8. Juli geht es weiter nach Hamburg.

Nach meinem Frühstück bestehend aus einem Croissant, einem Cappuccino und einem Apfel – Ingwer Saft, verlasse ich Kopenhagen und steuere Hamburg an. Ich habe noch 57 DKK übrig und kaufe mir ein Busticket nach Koebenhavn H. Im Bus treffe ich eine Dame aus Hamburg, die mir abrät jetzt nach Hamburg zu fahren. Ich soll lieber nach Berlin fahren. Ich antworte, dass ich meine gebuchte Unterkunft nicht mehr stornieren kann. Etwa eine Stunde zu früh komme ich am Hauptbahnhof an. Mit den restlichen 32 DKK gehe ich in ein Supermarkt und kaufe Gemüse für das Abendessen ein.

Froh darüber, dass der Einkauf genau 32 DKK beträgt, mache ich mich auf die Suche nach einer Anzeigetafel. „Reservierung notwendig für Züge nach Hamburg.“ Nach einer kurzen Überlegung gehe ich zum DSB Office und hole mir eine Wartenummer. Noch 14 Nummern kommen vor mir dran. Es ist 10:15 Uhr und um 11:12 Uhr fährt der Zug. Nervös gehe ich auf und ab. Um 11:00 Uhr wird meine Nummer aufgerufen. Mit meinem Rucksack und dem Koffer versuche ich mich durch die Menschenmenge zu manövrieren. Am Schalter angekommen, sehe ich, wie die Nummer umspringt und ärgere mich. Ich sage zur DSB Mitarbeiterin, dass ich wohl da bin, aber etwas gebraucht habe. Sie versichert mir, dass sie mich nicht vergisst und nimmt die nächsten Kunden dran. Um 11:06 Uhr kaufe ich meine Sitzplatzreservierung um 30 DKK – also so viel Wert wie mein Gemüse und laufe zum Bahnsteig.

Der ganze Zug

Am Bahnsteig angekommen suche ich die Wagennummer 34 und den Sitz 81. Freundlich bitte ich die Person von meinem Platz aufzustehen und hieve meine Gepäckstücke auf den Gepäckträger. Langsam beruhige ich mich und wenig später esse ich zu Mittag. Knäckebrot mit Cous Cous Salat und Wasser.

Die Lautsprecher im Zug sagen immer wieder durch, dass alle Passagiere beim Umstieg ihr Gepäck im Zug lassen können. Ich begreife nicht, was das bedeuten soll und frage meine SitznachbarInnen mehrfach, ob dieser Zug nach Hamburg fährt und ob das ein Direktzug ist. Alle bejahen meine Frage und teilen mir mit, dass ich beim Umstieg nur mein Handgepäck mitnehmen, aber den Rest im Zug lassen kann. Ich verstehe es wieder nicht. Welcher Umstieg? Ich bin doch im Direktzug. Völlig verwirrt versuche ich den Schaffner abzupassen. Leider hört er mich nicht, also gehe ich ihm nach und rufe: „Herr Schaffner.“ Dabei komme ich mir wie ein Kind vor. Grinsend dreht er sich zu mir um. Ich teile ihm mit, dass ich die Durchsage nicht verstehe und wie das gemeint ist. Eine Dame, die meine Frage gehört hat dreht sich zu mir und erklärt: „Bei Rødby Færge steigen wir in eine Fähre um, weil der Zug auf die Fähre geladen wird.“ Ich bekomme große Augen und antworte etwas schrill: „Der GANZE Zug wird auf die Fähre geladen?“ Die Dame antwortet mit einer hochgezogenen Augenbraue: „Ja?“ Ich wende mich zum immer noch grinsenden Schaffner um. Er nickt und dreht sich um, um weiter zu gehen. Wieder zur Dame wiederhole ich, was sie mir gesagt hat: „Also der ganze Zug wird AUF die Fähre fahren und wir steigen AUF die Fähre um.“ Sie nickt, ich bedanke mich und torkle wieder auf meinen Platz.

Auf dem Meer

Wenig später ist es auch schon so weit. Ich ziehe mich an und hole meinen Rucksack herunter. Aufgeregt folge ich den anderen Passagieren. Leider habe ich kein Foto vom Innenraum der Fähre. – Im Internet können aber sehr gute Bilder gefunden werden. Oben auf der Fähre gibt es Cafes, diverse Shops, Restaurants, Toiletten und und und. Ich bin begeistert und steige auf das höchste Deck. Erst als ich das Wasser um mich herum sehe, begreife ich wahrhaftig, dass ich auf einer Fähre bin und unter mir der ganze Zug im Frachtraum neben PKWs, LKWs, Motorräder und Wohnwagen steht. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht suche ich mir einen Platz zum Genießen.

In Hamburg

Die restliche Reise nach Hamburg verläuft ruhig. Ich unterhalte mich mit meinen SitznachbarInnen über Reiseziele und Orte die wir noch sehen wollen. Zwei der SitznachbarInnen sind aus Schweden. Mir gefällt der schwedische Akzent noch eine Spur besser als der englische Akzent.

In Hamburg angekommen verläuft es etwas hektisch zu. Niemand von meinen SitznachbarInnen hat vor lange am Bahnhof zu verweilen. Die einen müssen weiter nach Karlsruhe, die anderen nach Berlin und Stuttgart. Ich bedauere, dass ich diesmal nicht den Mut habe die Kontaktdaten auszutauschen.
Am Hamburger Bahnhof kaufe ich mir ein Ticket zur Unterkunft und ein 24 Stunden Ticket für die nächsten Tage. Der DB Verkäufer ist sehr freundlich und rät mir davon ab, heute Abend in die Stadt zu fahren, aber dafür Morgen sehr früh anzufangen. Ich bedanke mich für die Information und mache mich auf dem Weg zur Unterkunft.

Airbnb in Hamburg

Nun zur Unterkunft: Ich habe für die gesamte Reise, mit Ausnahme von Leipzig, Airbnb Unterkünfte gebucht, da ich bis jetzt hauptsächlich positive Erfahrungen gemacht habe. In Hamburg allerdings fühle ich mich, ich finde gerade keinen schöneren Ausdruck, verarscht.
Es fängt damit an, dass der Unterkunftgeber nicht antwortet. Also stehe ich vor dem Haus und weiß nicht, wo ich anläuten soll. Zum Glück kommt jemand vorbei, der mich hineinlässt und mir sogar sein WLAN Passwort gibt, damit ich den Unterkunftgeber kontaktieren kann. Nach einer Weile stehe ich also in der Wohnung. Im Keller. Vor ihm. Wir reden zuerst und er zeigt mir die Mängel auf. Ich sage gerade heraus, dass diese Unterkunft eine Zumutung ist. Wir diskutieren und kommen auf keinen grünen Zweig. Ich bin sehr verärgert und kontaktiere mit dem WLAN des Nachbarn Airbnb.

Positiv bleiben

Nach diesem ganzen Trara koche ich mir erstmal etwas zu essen. Die Küche ist leer… Ich gehe also wieder zu diesem Nachbarn und borge mir einen Topf und ein Messer aus. Zum Glück habe ich die Packung Fertigreismischung mit, die ich als Werbegeschenk vor Reisebeginn bekommen habe. Ich bin generell froh, dass ich Essen mitgenommen habe, da es in der Nähe keine Einkaufsmöglichkeiten gibt und morgen Sonntag ist. Ich baue mir eine Sitzgelegenheit am Gang, da ich nur dort WLAN habe und suche Wegbeschreibungen für morgen. Um etwa 22:00 Uhr mache ich mir Instantnudel aus Oslo mit Gemüse aus Kopenhagen.

Verärgert und müde, mit lauten Sirenen und Hubschraubergeräuschen, mache ich mich bettfertig. Anders als in Norwegen, ist es in Hamburg um 22:00 Uhr schon finster. Ich bin gespannt was der morgige Tag bringen wird.

Geschrieben am 17. Juli 2017 von Xu’s Corner und überarbeitet am 8. Dezember 2022.
PS.: Den Anfang der Reise findest du hier auf meinem Blog und mehr Fotos auf Pinterest.

3 Kommentare

  1. Seit mittlerweile vierundfünzig Jahren werden ganze Züge auf die Fähren zwischen Puttgarden und Rødby Færge verladen – früher bei den alten Fähren, die gleich drei Gleise an Bord hatten und nicht nur eins, sogar ganze Güterzüge.

    Ich kenn‘ das Spektakel jetzt schon mein ganzes Leben, vierundvierzig Jahre – und ich stehe trotzdem auch immer wieder mit offenem Mund da, wenn ich sehe, wie ein dänischer Triebwagen oder sogar ein Diesel-ICE im Bauch eines der Schiffe verschwindet…. 🙂

    1. Entee says:

      Wahnsinn! Ich kann mir genau vor Augen führen, wie eben solche Züge „im Bauch eines der Schiffe verschwinden.“ Gerne hätte ich das Ganze von Außen betrachtet und mit meinen eigenen Augen gesehen. 🙂

      1. Die vier aktuellen Hauptfähren gibt es erst seit 1997. Seitdem ist der Eisenbahnverkehr auf Strecke Hamburg – Kopenhagen nicht mehr so stark wie zuvor, nur noch 6x pro Tag ein Personenzug in jede Richtung, im Winter sogar nur 4x. Deswegen haben diese Fähren auch nur ein Gleis, auf dem gerade mal ein deutscher Diesel-ICE oder bis zu zwei der dänischen Diesel-Triebzüge Platz haben. Puttgarden – Rødby ist in punkto Eisenbahn regelrecht beschaulich geworden.

        Zuvor war dort viel mehr los, und es gab eine Flotte, die zeitweise bis zu sieben Schiffe umfasste. Jedes davon hatte sogar – wie ich bereits im vorherigen Kommentar erwähnte – drei Gleise. Bei fast jeder der 48 Abfahrten pro Tag und Richtung war damals zumindest ein Güterzug an Bord.

        Puttgarden – Rødby Færge war lange ein wichtiger Knotenpunkt für den Zugverkehr. Fernzüge wie der „Alpen-Express“ von Rom nach Kopenhagen, der „Nord-West-Express “ von Hoek van Holland nach Kopenhagen mit Kurswagen nach Oslo oder der „Paris-Skandinavien-Express“ von Paris nach Stockholm ermöglichten lange Zugreisen ohne Umsteigen. War eine tolle Zeit, die leider vorbei ist. Bei YouTube gibt es einige Videos davon.

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